Um mal das Pferd von hinten aufzuzäumen: Yarrow ist fertig, und sieht dem Original sehr ähnlich. Aber erinnert ihr euch noch an die Benotung des „Lösungswegs“ im Mathematik Unterricht? Das Endergebnis mag aussehen wie von meinem Banknachbarn (in dem Fall Rowan selber), aber mein Lösungsweg ist völlig anders.
Wie ich gestern angekündigt habe, versuche ich euch meine Herangehensweise zu erklären. Dazu fange ich erstmal mit Pullover-Theorie an:
Grundsätzlich ist ein Pullover wirklich simpel aufgebaut. Denn wenn man stark vereinfacht besteht das Grundmodell aus drei Schläuchen. Einer mit einer kleineren Öffnung oben (Kopf), und zwei Löchern an der Seite (Ärmel); außerdem zwei nach unten enger werdende Schläuche für die Arme.
Wer schonmal einen Loop-Schal gestrickt hat weiß: Einen Schlauch zu stricken ist die einfachste Übung. Ausreichend Maschen anschlagen, immer in Runden hoch stricken (gerne glatt rechts), abketten, fertig. Da immer die rechte Seite gestrickt wird, ist das Maschenbild im Zweifel viel gleichmäßiger als bei hin-und-her gestrickten Schals etc.
Aber wie bekommt man die passenden Öffnungen in den Körperschlauch, und wie befestigt man die Ärmel?
Eine Möglichkeit ist Einzelteile aneinander zu nähen. Also Rücken, Brust und zwei Ärmel stricken, und alles aneinander sticheln. So hat sich die Designerin von Yarrow, Marie Wallin, das gedacht. Für richtig alte Hasen ist das vermutlich die ultimative Lösung. Sie bietet auch wirklich Vorteile: Die einzelnen Teile sind recht klein, man schleppt keinen ganzen Pullover mit sich rum. Am Ende können die Einzelteile auch einzeln in Form gespannt werden, so optimal kann man ein komplettes Kleidungsstück leider nicht spannen.
Andererseits bin ich kein Fan. Man braucht schon etwas Erfahrung um bei den Teilen zu wissen – passt das? Was ist mit der Nahtzugabe? Außerdem unterbrechen (selbst die saubersten) Nähte so unschön das glatte Maschenbild, zum Teil sind sie im Weg, und bei manchen Materialien neigen sie auch noch besonders zum pillen. Sehr zu meiner Schande muss ich auch gestehen, dass Pulloverteile gerne ein paar Wochen liegen bleiben bevor ich die Disziplin zum nähen finde…
Im Fall von Yarrow erspare ich mir daher die Nähte an den Seiten, den Schultern, und entlang der Ärmel.
Dafür musste ich aus den Angaben für Vorderteil und Rücken den „Körperschlauch“ denken. Das ist relativ einfach, ich schlage einfach die Maschen für beide hintereinander an und schließe die Runde. Da ich keine Nahtzugabe brauche, kann ich noch Maschen am Rand weglassen, oder nicht. Bei Yarrow habe ich das nicht gemacht, ich versuche am Sonntag beim Sage nochmal genauer darauf einzugehen.
Bis unter die Arme kann ich jetzt einfach einen Schlauch stricken – mit dem Lacemuster aus der Anleitung.
Als nächstes habe ich dann die Ärmel gestrickt. Dazu habe ich einfach die Maschen auf einem Nadelspiel verteilt, die Runde geschlossen, und mit den Zunahmen der Anleitung auf die gewünschte Länge zwei Schläuche gestrickt. Da meine Arme überdurchschnittlich lang sind, habe ich ein paar Zentimeter dran gehängt. Dafür habe ich die Ärmel mit einem gut sitzenden Pullover verglichen.
Der nächste Schritt ist etwas friemelig, aber im Grunde auch ganz einfach. Und zwar werden die Ärmel jetzt an den Körper angestrickt. Dazu werden unter den Armen einige Maschen still gelegt, sowohl am Ärmel als auch am Körperschlauch. Diese Maschen werden später per Maschenstich unsichtbar (und unfühlbar) vernäht.
Bei Yarrow zeigt sich hier eine Besonderheit, denn es gibt keine Armkugel. Die Ärmel werden eigentlich auf der Höhe der Achseln angenäht, Brust und Rückenteil hängen quasi über die Schultern nach unten.
Also habe ich den rot markierten Bereich einerseits hoch zum Ausschnitt gestrickt, ihn aber auch gleichzeitig an den Ärmel befestigt. Und warum nähen, wenn ich doch viel besser stricken kann? (Nebenbei bemerkt garantiert meine Variante dass wirklich Masche auf Masche trifft, hier konnte nix schief werden.)
Bei anderen Schulterformen arbeite ich sonst mit Abnahmen an Ärmel und Körper gleichzeitig, hier habe ich mir die Technik der verkürzten Reihen mit Wrap & Turn zunutze gemacht. Und zwar habe ich Vorder- und Rückenteil getrennt fertig gestrickt – also quasi nach Anleitung – und immer die letzte Körpermasche mit einer Ärmelmasche zusammengestrickt. So geht das aber wirklich nur, wenn es gar keine Armkugel gibt, denn wie man oben im Bild erkennt werden zwei gerade Stücke miteinander verbunden.
Und so gehts:
Den Maschenmarkierer habe ich vor die letzte Masche des Körpers gesetzt, damit ich die letzte Masche immer frei greifbar hatte.
Danach wird der Faden nach vorn genommen, die nächste Masche abgehoben, Faden wieder nach hinten gelegt, Masche zurück auf die linke Nadel gelegt, und die Arbeit wird gewendet. Klingt kompliziert, ist aber so einfach wie der englische Name… die Masche wird umwickelt, und es wird eine Rückreihe gestrickt. Am Ende der Rückreihe wird der andere Ärmel mit der gleichen Technik befestigt.
Ganz ohne linke Maschen bin ich also nicht ausgekommen. Aber gute 90% habe ich mir gespart 😉
Auch an den Schultern habe ich wieder verkürzte Reihen gestrickt: Anstatt Maschen abzuketten, habe ich einfach jede Reihe weniger Maschen gestrickt, und die „abgeketteten“ auf der linken Nadel liegen gelassen. So konnte ich die Schulter formen, und anschließend mithilfe des Maschenstich auch die Schulternähte unsichtbar machen.
Mir gefällt das Ergebnis sehr gut.