Es will nicht so recht laufen im Moment.
Einerseits komme ich kaum zum laufen, also im wörtlichen Sinne. Üblicherweise sind die empfohlenen 10.000 Schritte auf dem Fitbit jeden Tag erreicht, aber seit ein paar Wochen bleibe ich meist drunter und bin am Ende des Tages trotzdem geplättet wie nach einem Gewaltmarsch. Seit einiger Zeit führen @missknittington’s Sabine und ich anhand unserer Tracker eine Art Wettkampf über die erreichten Schritte, und es wird umso deutlicher was für einen Leistungsabfall ich da aktuell vorzuweisen habe 😮
Ja und dann auch auf den Nadeln.
Im übertragenen Sinne laufen auch die Maschen nicht. Also zumindest nicht die Maschen, die laufen sollen. Es ist nämlich so, dass ich eigentlich auf eine sowieso schon straffe Deadline Ende diesen Monats hinstricke. Und mit jedem Tag wird sie straffer.
Und weisst du was das Problem ist? Das Garn ist zu weich.
Ne, echt jetzt. Das Garn ist einfach zu weich.
Und zwar stricke ich gleichzeitig zwei Kleider. Eins aus Milano, eins aus Premia. Die sollen nachher gemeinsam oder getrennt getragen werden können, daher müssen sie zusammen passen aber getrennt gestrickt werden. Und ich hatte so eine tolle Idee. Das Endprodukt war vor meinem inneren Auge schon mein Festtagsoutfit für die Tage zwischen den Tagen, wenn ich mich in gut gekleideter Gesellschaft in einem Altbau warmhalten muss…
Aber das Garn ist zu weich.
Und Gestrick aus zu weichem Garn fällt leider nicht einfach so mal eben genau wie man sich das vorstellt, sondern fließt in wolkenförmigen Schwingungen an einem herab. Und das ergibt ein ganz anderes Kleid als das in meinem Kopfkino.
Erster Lösungsansatz: Gar kein Thema, ich kann stricken, und es gibt reichlich Techniken, mit denen ich auch zu weiches Garn an meine Formen zwingen kann. Klappt auch. An mir saß es wie ne zweite Haut.
Problem: Ich bin 180cm lang, habe einen sehr schmalen Oberkörper, lange Beine, ein gut ausgebildetes Gesäß, und ziemliche Affenarme.
Die Beschreibung passt auf dich nicht? Hmm, dann das Kleid wahrscheinlich auch nicht. Also ist die Anleitung für dich wohl auch eher nicht brauchbar.
Nur stricke ich natürlich mitten im Sommer nicht auf Deadline Kleider weil ich mein Weihnachtsoutfit geklärt haben will. (Bis dahin wollte ich ja sowieso mindestens an dem Gesäß noch ein wenig arbeiten) Die Kleider sollen natürlich rechtzeitig zum Herbst nachstrickbar sein, so dass du Weihnachten auch in der schicken Wollkombi unterm Baum sitzen kannst. Und zwischendurch sollen sie auch noch an einer anderen Person mit mir unbekannten Körpermaßen, aber vermutlich anderen Ausbildungsschwerpunkten fotografiert werden.
Wenn ich über diese Kleider ein Buch schreiben könnte – ich könnte dir genau verraten wie du mit diversen Ab- und Zunahmen, verschiedenen Nadelgrößen, Technikvariationen etc. diese Kleider genau auf deinen Körper anpassen könntest. Dabei die raffiniertesten Muster genau an den richtigen Stellen platzieren kannst um durch gestricktes Contouring auf deine Schokoladenseite hinzuweisen und abgelagerte Schokoladentafeln an anderen Stellen zu kaschieren. Aber leider steht mir dafür nicht der Platz zur Verfügung. Die Anleitung muss kurz und knackig werden, das Kleid aber auch. Ein wirkliches Dilemma.
Als Lösung habe ich komplett von vorne angefangen, das Muster stark vereinfacht und konzentriere mich auf das wesentliche. Also weniger Musterschnickschnack, mehr klare Linien. Inzwischen kann man absehen dass diese Idee die richtige war, aber der Weg dahin ist bei den aktuellen Temperaturen sehr beschwerlich. Trotzdem nimmt die Alternatividee langsam Formen an, und wie so oft kann man mit wirklich einfachen Techniken dann doch noch jedem Garn seinen Willen aufzwingen. Es wird auf jeden Fall ein Eye-Catcher. Ein sehr sehr weicher.
Dummerweise schwirren mir natürlich in den langen geraden Strecken 100 andere Ideen im Kopf rum, und wenn ich manchmal vom weichen Garn die Schnauze voll hab, dann müssen kleine Ablenkungen her. So bin ich endlich dazu gekommen das Paar Socken aus meinen Probeknäueln Sisu fertig zu stricken. Der Teststrick ist auch organisiert und läuft an, falls das mit dem Kleid zu Weihnachten nix wird kann ich wenigstens warme Füße haben.
Außerdem hatte ich mal wieder eine Pairfect Idee. Die dann auch direkt noch in Summerlite eine Sommerversion bekommen hat. Julia hat auch schon zwei Versionen gestrickt, und auch meine anderen Teststrickerinnen kommen schon mit Ergebnissen um die Ecke. Daher habe ich jetzt mal das Garnpaket für den Shop geschnürt, du kannst also auch Babymützchen stricken, wenn du magst.
Ja und dann habe ich letztens bei 36°C eine erwachsene Wintermütze gestrickt. Aus einer dicken, reinen Wolle aus meinem Sandnes Goodie Bag. Nadelstärke 10 klang nach einer guten Idee für eine Ablenkung vom dauernden Mini-Nadel Kleid-Geklapper. Und das ging dann auch fix. Hätte man in ein paar Stunden fertig kriegen können, bei mir hat es zwei Tage gedauert, da es halt eine Art Mittel gegen Handüberlastung sein sollte. Naja, Ergebnis ist ein fertiges Weihnachtsgeschenk im Juni, da will man nicht meckern.
Nun mache ich mich mal wieder an die Nadeln, im Kampf gegen die Weiterbildung* des Gesässes stricke ich glatt rechte Strecken im Moment auf dem Spinning Rad. Das geht erstaunlich gut, denn ich nutze die Handgriffe als Garnabroller…
*Und damit das klar ist: Ich bin natürlich grundsätzlich für jegliche Art der Ausbildung, insbesondere bei Frauen und Mädchen 😉
Diesen Beitrag verlinke ich bei Maschenfein Auf den Nadeln Juni 2017