Vor annähernd zwei Jahren ist mir Sage im damals druckfrischen Büchlein mit der Windswept Collection von Marie Wallin aufgefallen. Mir war klar, das Teil muss her!
Vom vollkommenen Größenwahn besessen habe ich direkt die passenden Farben bei meiner Rowan Order mitbestellt. Bis Ende Januar lagen die Knäuel seitdem traurig im Lager und warteten auf ihren Einsatz. Denn zum Zeitpunkt meiner Bestellung hatte ich noch nie größere Muster in mehreren Farben gestrickt. Dass eine windschiefe Mütze nicht genug Übung für dieses Riesenprojekt sein würde, das war mir gottseidank klar.
In der Zwischenzeit habe ich mit größeren und kleineren Projekten meine Fair Isle Skills ganz ordentlich verbessert, und zum Glück auch sonst so einige Lektionen gelernt. Man muss davon ausgehen dass Sage ansonsten niemals fertig geworden wäre.
Im Endeffekt war das mehrfarbige Stricken das geringste Übel. Seit ich erst einmal die passende Handhaltung für mich gefunden hatte, macht es für mich kaum mehr einen Unterschied ob ich einen oder zwei Fäden gleichzeitig hantiere. Allerdings gilt das nur für rechte Maschen. Rückreihen sind möglich, aber wenig erstrebenswert. Schlicht und einfach des Komforts wegen. Denn man sieht das Muster nicht, muss dran denken den Chart rückwärts zu stricken, überall sind die Flottierfäden im Weg, und und und. Dazu die Problematik mit der Fadenspannung, und nebenbei noch auf die Farbdominanz achten. Da endet bei mir das entspannte Stricken, und ich werde zum Choleriker.
Um das Kleid in Runden stricken zu können, musste ich mir wieder den Aufbau der Klamotte überlegen:
Auch im Original wird Sage von unten nach oben gestrickt, also vom Bündchen zum Ausschnitt. Der erste Teil war also wieder ganz leicht umzudenken: Addiere die Maschenanzahl für Vorder- und Rückenteil, schließe zur Runde, und ab geht’s. Bei der Hälfte der Maschen habe ich einen Markierer gesetzt um hinten und vorne leicht erkennbar zu haben. Da mein Sage keine Nähte haben würde, brauchte ich auch keine Nahtzugaben. Daher habe ich mir überlegt, dass etwa ein Zentimeter pro Seite, pro Teil beim Nähen verloren gegangen wäre (also insgesamt 4 Zentimeter). Anhand der Maschenprobe habe ich berechnet wie viele Maschen das sind, und habe sie weggelassen. Das war großzügig berechnet, da ich wusste dass Größe M bei mir etwas groß ausfallen würde. Beim Chart musste ich dann darauf achten, dass ich mir meinen eigenen Startpunkt einzeichne, damit das Muster auch über die verringerte Maschenanzahl aufgeht.
Einmal so weit gekommen habe ich eine Weile genügsam vor mich hin stricken können. Taschen einfügen – kein Problem, eigentlich wie in der Anleitung. Die Abnahmen für die Taille, immer schön am Rand, an Vorder- und Hinterteil gleichzeitig, für die Zunahmen danach das gleiche Spiel zurück.
Erst bei den Armlöchern kam meine wirkliche Veränderung.
In einigen Projekt Notizen bei Ravelry kann man nachlesen, dass die ein oder andere an dieser Stelle doch zum hin-und-her stricken übergegangen ist. Das kam für mich nicht in Frage. Meine Maschenprobe fürs rundgestrickte Muster war einfach viel fester, ein Übergang wäre am Maschenbild deutlich zu erkennen gewesen.
Außerdem kann ich Steeking! Und wer steeken kann braucht eigentlich keine linken Mustermaschen mehr. Zumindest wenn man nicht mit total rutschigem Garn strickt.
Wie im letzten flach-zu-rund Beitrag gilt es ja, die notwendigen Löcher für Kopf und Arme in den “Körperschlauch” zu bekommen.
Dafür wird die in der Anleitung geforderte Anzahl Maschen für die Armlöcher abgekettet. Also eigentlich doppelt so viele, denn ich habe ja gleichzeitig Vorder- und Hinterteil bearbeitet und das Armloch auf beiden Seiten formen müssen.
In der nächsten Runde wird ganz normal das Muster gestrickt, bis man zu den abgeketteten Maschen kommt. Jetzt werden Steekmaschen angeschlagen. Das sind einfach Maschen, die das Loch überbrücken, und nachher zerschnitten werden. Ich habe jeweils 7 Maschen angeschlagen, davon wird immer die erste und die letzte links gestrickt, damit eine klare Trennung zum eigentlichen Kleidungsstück da ist. Außerdem nutze ich später die “purl bumps” um die Maschen für die Bündchen aufzunehmen – das ist aber Spezialwissen.
Am rechten Bildrand kann man erkennen, dass sich zwischen abgeketteten Maschen und Steekkante ein Loch gebildet hat. Die Steekmaschen erkennt man daran, dass die linken Randmaschen zwei Rillen bilden, und die Farben hier immer abwechselnd gestrickt und nicht im Muster sind.
Auch für den Ausschnitt habe ich das gleiche System genutzt. Die Maschen für die Kante still legen und mit 7 Maschen überbrücken. Sage hat dadurch am Ende eher die Form eines Trichters gehabt:
Als ich an den Schultern angekommen war, habe ich die Maschen der Vorderseite mit denen der Hinterseite durch Maschenstich / Kitchener Stitch verbunden. Dann habe ich die Steekmaschen mit einer Häkelkante abgesichert, wie man das macht habe ich hier schon mal beschrieben. Und mit aufgeschnittenem Ausschnitt ist dann auch wieder ein Kleidungsstück zu erkennen…
Cool oder?
Wie Sage dann fertig aussieht habe ich euch ja schon hier und hier gezeigt.
Übrigens: Da ich für mein persönliches Sage alle Farben bereits so lange vorher geordert hatte, habe ich noch alle Originalfarben aus der Anleitung zur Verfügung gehabt. Inzwischen ist die Farbe Hedgerow (das grün) nicht mehr im Programm. Da ich jeweils eine Verpackungseinheit ins Lager gelegt hatte, habe ich jetzt die übrigen Knäule in den Shop gestellt. Falls sich also jemand jetzt ein eigenes Sage zutraut: Hier geht’s lang zum Felted Tweed DK. Das Muster bekommt ihr hier, direkt von Marie Wallin.