Stricksprechstunde
Geht dir das auch so? Immer wenn ein Kleidungsstück repariert werden muss, gibt es diese Erwartungshaltung, dass ich mich sicherlich direkt darauf stürzen werde, und mit gleicher Hingabe Knöpfe annähe, Löcher stopfe, und Risse flicke, wie ich stricke.
Aber ich muss enttäuschen: Meine Handarbeitsskills sind wirklich nicht universell berauschend. Und das kostet ja alles echte Strickzeit. Neinnein, wer kaputt macht darf auch gerne selbst heile machen. Ich stricke währenddessen.
Zum Beispiel dieses Paar Ringelsocken aus einer meiner Lieblingskombis: Zauberball & hellgraue Regia.
Dumm nur dass ich meine gestrickten Socken in schöner Regelmäßigkeit durchlaufe.
Ich. Selbst. Ganz alleine. Kein Fremdverschulden.
Früher habe ich meine löchrigen Socken bei meiner Mutter abgegeben. Sie mag solche übersichtlichen Kleinstarbeiten, die man an einem Fernsehabend wegschaffen kann.
Nur leider sind die von ihr gestopften Socken für mich verloren. Bei ihrer Technik ist die reparierte Stelle nämlich minimal dicker als der Rest des Strumpfs. Mein linker Fuß ist aber leider immernoch empfindlich genug, dass mich diese minimale Unregelmäßigkeit humpeln lässt.
Und so landeten kaputte Socken erst im Stopfkorb, und dann in der Sockenschublade meiner Mutter. Praktischerweise hat sie nämlich die gleiche Schuhgröße, und trägt wie ich das ganze Jahr über entweder Wollsocken oder gar keine Socken.
Bei ihr halten die Socken komischerweise dann eine halbe Ewigkeit. Und ihre Sockenschublade ist proppevoll, meine dagegen gähnend leer.
Damit das nicht so bleibt muss ich entweder mehr Socken stricken, oder irgendwie die Lebensdauer der vorhandenen verlängern. Wie ich meinen Socken-Strick-Prozess optimiere, habe ich dir ja letztens schon gezeigt. Jetzt zeige ich dir, wie ich inzwischen meine Socken selber stopfe. Und zwar so, dass selbst mein Mimosen-Fuß nichts merkt.
Du brauchst:
– Eine löchrige Socke
– Stricknadeln in der Stärke, in der die Socken gestrickt wurden
– Ein Rest Sockenwolle in gleicher Garnstärke wie die Socken
– Eine Wollnadel
Da ich meine Socken aus vierfädigen Garnen, auf 2,5mm Nadeln gestrickt habe, konnte ich mein Crasy Trio von Addi, und einen Starterfaden von Regia Pairfect nehmen.
Mit einer Nadel des Trios nehme ich zwei Runden unterhalb des Lochs Maschen auf. An dieser Stelle ist das Gestrick noch stabil, hier ribbelt sich während (und nach) der Reparatur nichts auf. Um auch die Seiten abzusichern, nehme ich zwei Maschen mehr auf, als das Loch eigentlich breit ist: jeweils eine zusätzliche an jeder Seite.
Das gleiche wiederhole ich zwei Runden oberhalb des Lochs.
Im nächsten Schritt stricke ich mit dem gelben Faden in glatt rechten Reihen von der unteren Nadel hoch, bis ich einen “Lappen” habe, der eine Reihe länger ist als das Loch (also eigentlich eine Reihe zu kurz, denn die andere Nadel steckt ja zwei Runden oberhalb). Wichtig ist, dass ich einen langen Faden am unteren rechten Rand hängen lasse, denn den brauche ich später noch.
Auftritt: Lord Kitchener, der Namensgeber des Kitchener Stitch / Maschenstich.
Mit dieser Methode füge ich den Flicken an die Socke an. Die Kitchener Maschen überbrücken die bisher fehlende Reihe bis zur oberen Nadel.
Die Stricknadeln brauche ich danach nicht mehr. Nur noch die Wollnadel.
Wieder lasse ich einen langen Faden am Ende hängen.
Denn wir sind noch nicht fertig… Bisher wäre die Socke noch etwas undicht 🙂
Mit der Wollnadel nähe ich den Flicken jeweils eine Masche seitlich des Flickens an. Dafür nutze ich den Matratzenstich, mit dem man unsichtbare (und wichtiger: unfühlbare) horizontale Nähte in Strickstücken hinkriegt.
Zu guter Letzt habe ich einen gestopften Socken, den ich sogar – wie du siehst – problemlos am linken Fuß tragen kann. Quasi eine lebensverlängernde Maßnahme für meine geliebten Wollsocken!
Und weil mir anhand des Fotos noch eine durchscheinende Stelle unter dem anderen Fuß aufgefallen ist habe ich direkt noch einen Flicken gestrickt, und dann noch mit meinem Paar Bel Ami Socken weitergemacht.
Falls du nicht so empfindliche Füße hast, und dir die zwei Nähte zum Schluß sparen möchtest: Hier gibt es ein Tutorial, bei dem der Flicken direkt beim Stricken seitlich befestigt wird. Dabei entsteht ein für mich leider deutlich verdickter Rand, ich übe also weiter an meinem Matratzenstich :-).