Thrumming
Der zweite Monat im Jahr der Handschuhe hat mich weit reisen lassen, an einen Ort, den ich bisher nur aus dem Flugzeugfenster gesehen habe: Neufundland.
Offizieller Name der kanadischen Provinz ist “Newfoundland and Labrador”, da schlägt das Hundemenschenherz direkt zweimal hoch! Und auch wenn der Labrador ein recht dünn behaarter, aber oft von Speckröllchen gewärmter Geselle ist, der Kollege Neufundländer zeugt mit seinem Pelz vom harschen Klima seiner Heimatgegend.
Wer Haustieren ein dickes Fell anzüchtet, der wird meist auch erfinderisch wenn es um menschliche Funktionskleidung geht, das gilt auch für die Neufundländer. Um warme Hände zu behalten, haben sie sich eine eigene Methode ausgedacht um Handschuhe zu isolieren: Thrumming.
Auf den ersten Blick sieht das aus wie ein sehr einfaches Fair Isle Muster, das von jemandem mit schlechter Fadenspannung gestrickt wurde. Aber Thrumming ist ganz anders!
Ich finde für diesen Begriff keine eindeutige Erklärung, denn direkt übersetzt heisst es surren, brummen, aber auch mit einer Gitarrensaite Geräusche machen, oder an einer Gitarre zupfen… und zupfen könnte das Stichwort sein:
Die vielen hellen Herzchen / Läuse auf den Handschuhen sind einzeln eingestrickte Fäden. Traditionell wird dafür immer ein Büschel aus einem Fleece Rohwolle “gezupft” und eingearbeitet. Auf der Innenseite bilden die Büschel dann eine flauschige Schicht, die mit Handschweiß, Wärme und Bewegung schnell verfilzt. So werden die Fäustlinge annähernd wind- und wasserdicht – optimal für das örtliche Klima.
Für den deutschen Winter wäre das aber zu warm geworden, vor allem da mein Hund bei Nässe den Spaziergang sehr kurz hält (erwähnte ich mal, dass Madame einen äußerst ausgeprägten Willen hat?).
Also habe ich die Methode etwas abgeändert: Statt Rohwolle habe ich Merinodochtgarn in viele kleine Fäden zerschnitten und eingestrickt. So konnte ich die Länge und Dichte etwas besser regulieren. Außerdem fand ich die Idee von extra weichem Merino an den Händen ansprechender, denn unsere “Handarbeiterhände” sind schließlich etwas sensibler als der durchschnittliche kanadische Waldarbeiter zugeben würde, oder?
Für den Außenhandschuh habe ich ganz genau ein Knäuel vom Troll Garn verstrickt – auch das 100% Merino, so dass sich die Innenseite gut daran festfilzen wird. Falls du dir auch ein Paar stricken möchtest, hier gibt es ein Strick Kit – falls der angedrohte Wintereinbruch noch kommt bist du mit 5er Nadeln vielleicht sogar noch rechtzeitig fertig. Das eigentliche Thrumming ist ganz einfach, und wie es geht zeige ich dir in meinen Instagram Stories.
Und da mir der Schalk im Nacken saß, und ich noch einen Riesenberg an Farbproben auf kurzen Dochtgarnfäden (von einem inzwischen insolventen Hersteller) hier herum liegen hatte, habe ich auch eine knallbunte Version gestrickt:
Hier habe ich ein doppeltes Bündchen aus Nisse gestrickt, damit es auch bei der prallen Füllung eng anliegend ist. Von innen sieht das dann völlig durchgeknallt aus, und ist leider für den heimischen Winter viel viel viel zu dick:
Trotzdem habe ich den zweiten schon auf den Nadeln, vielleicht kürze ich auch die Fäden nachträglich noch, mal sehen.
Falls es dir nach so einer bunten Version ist, ich kann mir vorstellen, dass man das Langyarns Smilla gut dafür verwenden könnte…
Ach und die Neufundländer nutzen diese Technik wohl auch um sich Pantoffeln und Mützen zu stricken. Am Kopf möchte ich auf gar keinen Fall so ein Filzgewirr haben, aber die Pantoffeln reizen mich für den nächsten Winter schon… Bis zum nächsten Weihnachten kann der Neffe ja laufen, und braucht dann warme Puschen.